Vorlage-Nr.:

200/2011

Az.:

02 Michael Koepple

Datum:

21.06.2011



Bürgermeisteramt

 

 

 

Sitzungsvorlage

 

 

 

Gremium:

Ausschuss für Umwelt und Technik

Am:

28.06.2011

 

 

Betreff:

Vorstellung der Machbarkeitsstudie zur nachhaltigen Klärschlammverwertung im Landkreis Ludwigsburg

 

 

Anlage(n):

Mitzeichnung

Kurzbericht zur Machbarkeitsstudie

 

Beschlussvorschlag:

Kenntnisnahme

 

Beratungsfolge:

 

Vorlage an

 

zur

 

Sitzungsart

 

Sitzungsdatum

 

Beschluss

 

 

 

 

 

Ausschuss für Umwelt und Technik

Kenntnisnahme

öffentlich

28.06.2011

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen

Entfällt

 

Deckungsvorschlag:

Entfällt

 


 

 

Sachdarstellung und Begründung:

 

Allgemeines

Das Landratsamt Ludwigsburg hat zusammen mit der AVL innerhalb des Landkreises die  Initiative „Nachhaltige Klärschlammverwertung im Kreis Ludwigsburg“ gestartet, um eine mögliche gemeinschaftliche thermische Verwertung des im Landkreis anfallenden Klärschlamms zu prüfen.

 

Hintergrund der Initiative des Landratsamtes ist, dass landesweit der Landkreis Ludwigsburg „Schlusslicht“ in Baden-Württemberg bei der Quote an thermischer Verwertung des Klärschlammes ist. Über 70% des Klärschlamms im Landkreis Ludwigsburg wird landbaulich bzw. landwirtschaftlich verwertet. Dies entspricht nicht dem bisherigen Landesentwicklungsziel, aus der landwirtschaftlichen Klärschlammausbringung auszusteigen. Die thermische Verwertungsquote liegt landesweit bei ca. 80%.

 

Rechtlicher Rahmen für eine geordnete Klärschlammverwertung

Die  Entsorgung/Verwertung des auf Kläranlagen anfallenden Klärschlamms obliegt ausschließlich der jeweiligen abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaft. Dies ist bei uns der Eigenbetrieb „Stadtentwässerung Kornwestheim“.

 

Für die stoffliche (landbauliche/landwirtschaftliche)Verwertung von Klärschlamm ist die Klärschlammverordnung in Zusammenhang mit der Düngemittelverordnung maßgebend. Dieses sind Verordnungen des Bundes.

 

Aufgrund landespolitischer Ziele wird in Baden-Württemberg angestrebt, die Verwertung von Klärschlamm im Landbau und in der Landwirtschaft zugunsten der thermischen Verwertung einzuschränken. Hintergrund ist, dass Klärschlamm eine Schadstoffsenke darstellt. Es wird auf die aktuelle Diskussion z.B. über anthropogene Spurenstoffe verwiesen. Andererseits stellt Klärschlamm ein hervorragendes Düngemittel dar, da hier das Phosphat, das im Reinigungsprozess aus dem Abwasser gefällt wird, enthalten ist.

 

Phosphor ist ein endlicher, nicht subsituierbarer Rohstoff, bei einer derzeit prognostizierten Verfügbarkeit von noch ca. 30-50 Jahren.

 

In diesem Spannungsfeld bewegen sich Gesetzgebung, Bodenschutz, Politik und Betroffene.

 

Die Phosphorrückgewinnung aus dem Abwasser, Schlämmen und Aschen ist noch im Großversuchsstadium. Es existieren einige wenige Pilotanlagen in Europa. Bis zum regulären Einsatz in kommunalen Kläranlagen werden noch einige Jahre vergehen.

 

Einen guten Überblick über die rechtliche und gesellschaftliche Diskussion gibt folgender Artikel wieder:

 

Auszug aus der „Korrespondenz Abwasser, Abfall 2010 Nr. 3“

Klärschlammentsorgungskonzepte, Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe „Entsorgungskonzepte Klärschlamm“ – Fazit und Ausblick:

 

„In Deutschlang werden die Rahmenbedingungen für die stoffliche Verwertung kommunaler Klärschlämme sowohl seitens des Abfall- als auch des Düngerechts zurzeit neu definiert. Die Bundesregierung hat mit Ihren für die stoffliche Nutzung von Klärschlamm zuständigen Ministerien, dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, eine eindeutige Grundaussage definiert. Man will die stoffliche Nutzung von Klärschlamm weiterführen. Zwar sollen die Grundlagen verändert, erweitert und verschärft werden – Klärschlamm soll jedoch weiterhin landwirtschaftlich und landbaulich eingesetzt werden können. Denn Klärschlamm ist ein wirkungsvoller Dünger, der zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft beitragen kann, aber aufgrund seiner möglichen Schadstoffbelastung häufig kontrovers diskutiert wird. Sowohl auf EU- als auch auf Bundesebene wird die Etablierung geeigneter Qualitätssicherungssysteme für die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung angestrebt. Auch Kläranlagenbetreiber werden künftig höhere Anforderungen an Transparenz und Rückverfolgbarkeit erfüllen müssen. Hier können Qualitätssicherungssysteme Hilfestellungen leisten und über eine erhöhte Akzeptanz zu einer Sicherung der künftigen landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung wesentlich beitragen.“

…..

„Einige Entsorgungspflichtige werden ja nach Schadstoffgehalt ihrer Klärschlämme ihre Entsorgungswege zumindest in Teilen neu orientieren müssen. Dabei kommt der Verbrennung von Klärschlämmen eine größer werdende Bedeutung zu. Doch auch dieser Entsorgungsweg wird sich in den nächsten Jahren schwieriger gestalten, weil Forderungen der Gesellschaft als Folge des Klimawandels die Kraftwerke zur CO2-optimierten Fahrweise zwingen und neue Großkraftwerke voraussichtlich häufig auf eine Mitverbrennung verzichten werden.“

………

 

 

Es wird zur Vollständigkeit noch hingewiesen, dass nach der aktuellen Düngemittelvorordnung vom 16.12.2008 die Ausbringung von synthetischen Polymeren ab 2014 nicht mehr erlaubt ist. Synthetische Polymere werden u.a. zur Konditionierung des Klärschlamms eingesetzt. Ohne dieses Zusatzmittel kann Klärschlamm unter wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht maschinell entwässert werden.  Die Fachverbände sind mit dem Gesetzgeber in Verhandlung, die Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten de Einschränkungen von bisher 2014 auf den Jahresbeginn 2017 zu verschieben. Es gibt bis dato keine Alternative zu den synthetischen Polymeren.

 

 

 

Derzeitiger Stand der Klärschlammentsorgung in Kornwestheim

In der Kläranlage in Kornwestheim fielen im Jahr 2010 ca. 1.950 t Klärschlamm (Filterkuchen) an. Die Entsorgung des Klärschlammes wurde 2007 europaweit öffentlich ausgeschrieben für die Jahre 2008 – 2010 mit einer Option zur Verlängerung um 2 Jahre bis Ende 2012.  Die Option wurde wahrgenommen. Der Klärschlamm wird hauptsächlich im Landbau verwertet. Ein kleiner Teil wird in der Landwirtschaft eingesetzt.

 

Initiative des Landratsamtes Ludwigsburg „Nachhaltige Klärschlammverwertung im Landkreis Ludwigsburg

Auf Einladung des Landratsamtes haben sich Vertreter der größten Kläranlagen im Kreis zur „Arbeitsgruppe Nachhaltige Klärschlammverwertung im Landkreis Ludwigsburg“ gebildet.

Beteiligte waren

            Abwasserzweckverband Talhausen

            Stadtentwässerung Kornwestheim

            Stadt Ludwigsburg

            Stadt Vaihingen

            Stadtwerke Bietigheim-Bissingen SWBB

            Zweckverband Talhausen

            sowie die

            AVL Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises Ludwigsburg mbH

 

Für diese Gruppe hat die SWBB den Antrag auf Förderung der Studie beim Land gestellt. Die Studie wurde mit 50 % gefördert. Der andere Teil wird von den o.g. Teilnehmern gemeinsam zu gleichen Teilen getragen.

 

Die äußerst umfangreiche Machbarkeitsstudie wurde von Dr.-Ing. W. Götzelmann + Partner GmbH, Beratende Ingenieure erstellt.

 

Die Projektidee basiert auf einer Klärschlammmineralisierung mit anschließender Zwischenlagerung der Asche (Schlacke) als späteres „Nährstoffdepot“, das die Möglichkeit bietet, den lebensnotwendigen und endlichen Nährstoff Phosphor durch externe Verfahren zurück zu gewinnen. In der Studie wurden die auf dem Markt verfügbaren Verfahren und Systeme geprüft und ihre Übertragbarkeit auf einen geeigneten Standort im Kreis Ludwigsburg untersucht.

 

In der Machbarkeitsstudie wurde festgestellt, dass die im Landkreis anfallenden Klärschlammmengen ausreichen würden, um wirtschaftlich eine Wirbelschichtverbrennungsanlage betreiben zu können. 

 

Zusätzlich wurde von der AVL bei den Rechtanwälten Menold Bezler eine Studie über „Organisationsüberlegungen zu einer nachhaltigen Klärschlammverwertung im Landkreis Ludwigsburg“ in Auftrag gegeben. Diese ist sehr umfangreich und stellt fest, dass aufgrund rechtlicher und steuerlicher Gesichtspunkte alle Varianten der Zusammenarbeit     

1.      Öffentlich-rechtlicher Vertrag

2.      Öffentlich-rechtliche Vereinbarung

3.      Zweckverband

4.      Bildung  einer „Klärschlammverwertungsgesellschaft“

möglich sind

 

Mit Vorlage der beiden Studien/Berichte ist die Arbeit der bisherigen Arbeitsgruppe abgeschlossen.

 

Weiteres Vorgehen innerhalb des Projektes

Jede Kommune / abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft wurde vom Landratsamt gebeten, bis zur Sommerpause zu entscheiden, ob sie bei dem Projekt  „Nachhaltige Klärschlammverwertung im Landkreis Ludwigsburg“ in der nächsten Stufe mitarbeiten möchte. In dieser Stufe soll das Vorhaben konkretisiert und möglicherweise die Realisierung vorbereitet werden. Eine Mitarbeit in dieser Stufe ergibt nicht automatisch die weitere Verpflichtung, bei einer möglichen Realisierung Teilnehmer zu sein.

 

Stellungnahme und Empfehlung der Betriebsleitung der Stadtentwässerung

Die Betriebsleitung empfiehlt, auch weiterhin sich an der Arbeitsgruppe für „Nachhaltige Klärschlammverwertung im Landkreis Ludwigsburg“ zu beteiligen, nachdem auch klar ist, dass die weitere Mitarbeit zu keiner Teilnahme bei der Realisierung führen muss.

Für die Stadt Kornwestheim stehen zudem jedoch noch andere Möglichkeiten, den eigenen Klärschlamm künftig zu verwerten, offen:

 

Variante 1:

Eine klassische Ausschreibung wie bisher, mit der Maßgabe ausschließlich der thermischen Verwertung. Verwertungsort  und Transportwege wären dabei aber nicht wirklich beeinflussbar. Das wirtschaftlichste Angebot bekommt den Zuschlag.

Variante 2:

Da die Stadt Kornwestheim durch eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit der Stadt Stuttgart quasi Anteilseigner des Hauptklärwerks Mühlhausen ist, besteht die Möglichkeit, den Klärschlamm der Kläranlage Kornwestheim dort anzuliefern und in der bestehenden Klärschlammverbrennungsanlage zu verwerten. Erste Gespräche mit der Stadtentwässerung Stuttgart haben stattgefunden. Die Rückmeldung aus Stuttgart ist positiv. Ein nahtloser Übergang zum Jahreswechsel 2012/2013 wäre allerdings nicht möglich, da die 2. Anlieferstation dann noch im Bau ist. Die Fertigstellung ist im Laufe des Jahres 2013 geplant.

Die Stadtentwässerung Stuttgart beteiligt sich als Bieter nicht bei Ausschreibungsverfahren. Daher ist eine Auftragsvergabe auf diesem Wege nicht möglich. Es müsste – nach entsprechender Verhandlung -  eine Vereinbarung mit der Stadtentwässerung Stuttgart getroffen werden.

 

Da das HKW Mühlhausen räumlich sehr dicht an Kornwestheim liegt, sind die Transporte extrem kurz. Die Belastung der Umwelt durch Transporte ist dadurch minimiert. Zudem ist die Stadt Kornwestheim schon an dieser thermischen Verwertungsanlage beteiligt. Dies zu nutzen liegt im Interesse der Stadt Kornwestheim.

 

Die Verwaltung sieht aufgrund der Möglichkeit, drei Verfahren und Vorgehensweisen näher zu untersuchen bzw. diesen nahezutreten, derzeit noch keine Notwendigkeit, sich auf einen Weg festzulegen. Sie wird daher bei der endgültigen Beratung zu der Machbarkeitsstudie den Vorschlag machen, gegenüber dem Landkreis die Bereitschaft zur weiteren Mitarbeit an der Konkretisierung der Konzeption zu erklären, darüber hinaus aber auch die Möglichkeiten in Stuttgart-Mühlhausen zu konkretisieren.

 

Herr Dr. Rölle vom Büro Dr.Götzelmann wird die Machbarkeitsstudie in der Sitzung vorstellen. Es ist vorgesehen, in der Sitzung am 28.6. die Studie sich erläutern zu lassen und die Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in der AUT-Sitzung am  19.7. einen endgültigen Beschluss über das weitere Vorgehen zu fassen.

 


Anlagen:

Nicht alle Anlagen sind öffentlich. (Internet)
MS zur KS-Verwertung 2011-Kurzfassung Kornwestheim.pdf MS zur KS-Verwertung 2011-Kurzfassung Kornwestheim.pdf