Betreff:
Bericht
über Neuerungen im Waffenrecht
Anlage(n):
Mitzeichnung
Beschlussvorschlag:
Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Vorlage an
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zur
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Sitzungsart
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Sitzungsdatum
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Beschluss
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Verwaltungs-
und Finanzausschuss
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Beschlussfassung
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öffentlich
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02.12.2010
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Beteiligung Personalrat
Keine Beteiligung erforderlich
Finanzielle Auswirkungen
Entfällt
Deckungsvorschlag:
Entfällt
Sachdarstellung und
Begründung:
Ausgangssituation:
Nach den schrecklichen Ereignissen im März 2009 in Winnenden
und Wendlingen haben Bund und Länder beschlossen, im Rahmen von
gesamtgesellschaftlich orientierten Präventionsansätzen waffenrechtliche
Konsequenzen zu ziehen.
Aufgrund der Erfahrungen aus diesem Amoklauf wurden
verschiedene Änderungen zum Waffengesetz im Rahmen des 4.
Sprengstoffänderungsgesetzes beschlossen, die am 25.07.2009 in Kraft traten.
Davor gab es aus den Erfahrungen des Amoklaufs in Erfurt
bereits 2003 und 2008 verschiedene neue gesetzliche Vorgaben.
1. Gesetzliche
Änderungen
Altersgrenze
Die
Altersgrenze, ab der Jugendliche Waffen (grundsätzlich ab 18 Jahren) und
insbesondere Großkaliberwaffen (ab 21 Jahren mit psychologischem Gutachten, ab
25 Jahren ohne Gutachten) erwerben und damit schießen dürfen, wurde bereits
2003 heraufgesetzt und die Voraussetzungen wurden allgemein verschärft.
Abweichende Regelungen gibt es für das Schießen auf Schießständen.
Regelüberprüfung
aller Waffenbesitzer
Der bisherige
regelmäßige Überprüfungszeitraum wurde 2003 von 5 Jahren auf 3 Jahre verkürzt.
Bedürfniswiederholungsprüfung
Die
Bedürfnisprüfung wurde 2003 neu geschaffen. Jeder Waffenbesitzer muss 3 Jahre
nach Ersterteilung einer Waffenbesitzkarte den Nachweis führen, dass das
Bedürfnis weiterhin besteht.
Anlassbezogene
Bedürfnisüberprüfung
Eine
anlassbezogene bzw. stichprobenweise Bedürfnisüberprüfung ist seit 2009 möglich
bzw. vorgeschrieben.
Durchsetzung der
Blockierpflicht für Erbwaffen
Die
Blockierpflicht wurde bereits 2003 geplant, aufgrund technischer Möglichkeiten
jedoch erst 2008 gesetzlich verankert. Ein Waffenerbe, welcher kein Bedürfnis
geltend machen kann muss die Waffe blockieren lassen, sofern ein System für das
Kaliber vorhanden ist. Die Überwachung dieser Möglichkeit liegt dabei bei der
Waffenbehörde.
Verschärfte
Nachweis- und Kontrollpflichten
Seit 2009 sind
Waffenbesitzer verpflichtet, die sichere Aufbewahrung von Waffen
und Munition
nachzuweisen und die Behörde haben die Möglichkeit und die Pflicht zur
entsprechenden Kontrolle, auch anlass- und verdachtsunabhängig.
Amnestieregelung
für illegalen Waffenbesitz bis Ende 2009
In Zusammenhang
mit der Amnestieregelung wurden zahlreiche nicht registrierte Waffen abgegeben.
Schaffung eines
Nationalen Waffenregisters
Die Umsetzung
erfolgt bis spätestens 31.12.2012.
(weitere
Informationen unter Nr. 4)
2. Maßnahmen der
Verwaltung
Infobrief
Als erste
Maßnahme hat das Amt für öffentliche Ordnung - neben Hinweisen in der Presse -
im Herbst 2009 sämtliche Waffenbesitzer persönlich angeschrieben und nochmals
auf die Vorschriften zur ordnungsgemäßen Aufbewahrung und auf die Gefahren bei
nachlässigem oder leichtfertigem Umgang hingewiesen. In Kornwestheim hatte
schon früher jeder Waffenbesitzer mit seiner Erlaubnis ein Merkblatt zu
sicheren Aufbewahrung von Waffen und Munition erhalten.
Waffenrückgabe
Die Aktion
„Infobrief“ war sehr erfolgreich, aber auch außerordentlich arbeitsintensiv.
Die Zahl der abgegebenen Waffen und der Bedarf an Beratungsgesprächen
überrollte das vorhandene Personal regelrecht.
Der Vergleich
mit den Vorjahren zeigt die deutliche Steigerung:
Abgegebene
Waffen:
2003 - 6/2009 222
7/2009 - 11/2010 196
Bis heute werden
noch regelmäßig Waffen abgegeben (ca. 10 Waffen pro Monat).
Sehr viele
„Abgabewilligen“ waren z.B. wegen der fehlenden Möglichkeit, die Waffen zu
transportieren, aus Respekt vor den Waffen (Erben), wegen Krankheit oder Alters
nicht in der Lage, die Waffen zur Waffenbehörde zu bringen. Aus dem
öffentlichen Interesse heraus, möglichst viele Waffenbesitzer zur Abgabe der
Waffen zu bewegen, wurde (wird) in großzügigster Weise versucht, möglichst alle
Abholwünsche zu erfüllen, was natürlich sehr zeitaufwändig war und ist.
Außerdem wurde
bisher sowohl für die Abgabe der Waffen als auch für die Abholung der Waffen
vor Ort keine Gebühr erhoben.
Bis heute ist
der Bedarf an Aufklärungs- und Beratungsgesprächen hoch.
Waffenvernichtung
Beschlagnahmte
oder abgegebene Waffen wurden bis zum Amoklauf von Winnenden entsprechend einer
Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums von 1993 in Kornwestheim nicht an
Dritte verkauft; es wurde auch kein Kontakt zwischen Interessenten und
Veräußerern hergestellt.
Die beschlagnahmten
und abgegebenen Waffen wurden und werden dem Kampfmittelbeseitigungsdienst zur
Vernichtung übergeben, soweit die Waffen nicht wieder zurück an die Eigentümer
gehen bzw. von diesen weiterveräußert werden.
Jede hier
abgegebene Waffe wurde und wird registriert, so dass der Weg jeder einzelnen
Waffe genau nachvollziehbar ist. Die (vorübergehende) Aufbewahrung der Waffen
erfolgt bis zur Vernichtung oder Rückgabe an die Eigentümer in
waffenrechtsgemäßen sicheren Waffenschränken bzw. Tresoren.
Schwerpunktaktion
Im Oktober 2009
fand eine landesweite Schwerpunktaktion der Waffenbehörden statt, bei der
stichprobenweise unangemeldete Vor-Ort-Kontrollen vorgenommen wurden. Auch die
Waffenbehörde der Stadt Kornwestheim hat an dieser Aktion erfolgreich
teilgenommen. Das Ergebnis der landesweiten Aktion war besorgniserregend. Bei
den landesweit 1.073 Kontrollen im häuslichen Bereich der Waffenbesitzer
mussten 576 Beanstandungen ausgesprochen werden. Entweder hatten die
Waffenbesitzer ihre Waffen nicht in einem
Waffenschrank
untergebracht oder der Waffenschrank entsprach nicht den gesetzlichen
Vorschriften. Landesweit gab es 27% der Beanstandungen bei Jägern, und 33% bei
Schützen, wobei es sich hier um sog. verdachtsabhängige Kontrollen handelte,
weil diese Waffenbesitzer auf konkrete vorherige Anschreiben der Waffenbehörde
keine hinreichenden oder überhaupt keine Angaben über die Aufbewahrung gemacht
haben.
In Kornwestheim
wurden die Kontrollen im Rahmen der landesweiten Aktion mit zwei Mitarbeitern
durchgeführt. Da gemäß den Anweisungen des Regierungspräsidiums die Kontrollen
bei Jägern und Sportschützen nur anlassbezogen durchgeführt werden sollten,
wurden schwerpunktmäßig die Besitzer von Erbwaffen kontrolliert, hier vor allem
die Unterbringung aber auch der Zustand der Waffen (Blockierpflicht). Die
Waffenbehörden sollten hier vor allem beratend und informierend tätig werden.
Es war
festzustellen, dass der Zeitaufwand teilweise erheblich war, da Adressen oft
mehrmals angefahren mussten, bis jemand bzw. der Inhaber der Waffe, angetroffen
werden konnte.
Das Kornwestheimer
Ergebnis der Schwerpunktaktion:
17 Kontrollen,
davon
in 5 Fällen
keine Beanstandung
in 7 Fällen z.T.
erhebliche Mängel (bzgl. Aufbewahrung, keine Blockierung)
in 4 Fällen konnte der Waffenbesitzer nicht angetroffen werden
in 1 Fall war
eine völlig unbrauchbare Waffe unnötigerweise angemeldet gewesen.
Den
Altwaffen-Besitzern und den Besitzern von Erbwaffen waren die Vorschriften des
Waffengesetzes meist gänzlich unbekannt bzw. es fehlte an der notwendigen
Einsicht in die gesetzlichen Vorgaben.
Positiv zu
vermerken war, dass den Kontrollpersonen immer Einlass gewährt wurde.
Allerdings mussten die Waffenbesitzer während dieser Kontrollwoche auch nicht
mit Bußgeldern oder gar dem Einzug der Waffe rechnen.
Fallzahlen /
Statistik
Waffenbesitzer Kurzwaffen Langwaffen Gesamtzahl
der Waffen
03/2009 586 - - 2.224
2010
544 814
1133 1947
Seit dem
Amoklauf in Winnenden hat sich in Kornwestheim die Zahl der Waffenbesitzer also
um knapp 10%, die Zahl der Waffen um 12,5% verringert.
3. Weitere
Maßnahmen
Personal
Die für das
Stadtgebiet Kornwestheim zuständige Waffenbehörde ist beim Amt für öffentliche
Ordnung im Sachgebiet allgemeine Ordnungsangelegenheiten/ Gewerbe/ Gaststätten/
Waffen/ Straßenverkehr angesiedelt.
Für den Bereich
Waffen- und Sprengstoffrecht ist lediglich eine anteilige Sachbearbeiterstelle
zu 20% und eine anteilige Mitarbeiterstelle von 20% vorhanden. Zur
Unterstützung für die Kontrollen einschl. der Vor- und Nacharbeiten wird ein
Mitarbeiter des gemeindlichen Vollzugsdienstes, der bereits Erfahrung im
Waffenrecht hat, mit eingesetzt. Seine Kenntnisse waren bei der Personalauswahl
entscheidend für die Neueinstellung bei der Stadt.
Die Mitarbeiter
nehmen regelmäßig an den angebotenen Schulungen teil.
Zweite
Briefaktion
Seit Anfang 2010
wird in einem "zweiten Durchgang" ein weiterer Brief an die
Waffenbesitzer versandt, in dem sie aufgefordert werden, die ordnungsgemäße
Verwahrung ihrer Waffen hier nachzuweisen. Gleichzeitig wird nochmals darauf
hingewiesen, dass für Erbwaffen eine Blockierpflicht besteht.
Wie oben
geschildert, wurde die Waffenbehörde bei der ersten Briefaktion regelrecht
"überrannt": Bei den täglich zahlreichen Anrufen und persönlichen Anfragen,
war an die Erledigung des (nicht nur waffenrechtlichen) Tagesgeschäfts oft kaum
zu denken.
Die zweite
Briefaktion bringt erwartungsgemäß einen weit größeren Aufwand mit sich, da
dabei eine Antwort von den Waffenbesitzern erwartet wird und die eingehenden
Antworten geprüft und kontrolliert werden müssen. Tatsächlich sind die
Unsicherheit und der Beratungsbedarf weitaus höher, als nach der bereits
erfolgten ersten Aktion zu erwarten war. Dies wird auch von anderen Kommunen,
die diese Aktion ebenfalls bereits durchgeführt haben, bestätigt.
Aufgrund der
knappen personellen Ausstattung und aufgrund des Wechsels der zuständigen
Sachbearbeiterin/ Sachgebietsleiterin konnte bisher erst an ca. 50% der
Waffenbesitzer ein zweites Aufforderungsschreiben verschickt werden.
Kontrollen
Den
Waffenbehörden wurden vom Innenministerium keine Vorgaben für eine bestimmte
Kontrolldichte für die vom neuen Waffenrecht vorgesehenen verdachtsunabhängigen
Vor-Ort- Kontrollen zur Aufbewahrung der Waffen gemacht. Über die Durchführung
soll in eigener Verantwortung entschieden werden. Die örtliche Kontrolle wird
aber tatsächlich nicht nur als Möglichkeit, sondern als Verpflichtung gesehen.
Die Kontrollen
sollten nach der Vorstellung des Innenministeriums sehr zeitnah, insbesondere
aber in den Fällen erfolgen, in denen der
Nachweis einer sicheren Aufbewahrung trotz Aufforderung der
Waffenbehörde nicht oder nicht in ausreichendem Umfang erbracht wird. Im
Hinblick auf Prävention sind vor allem unangekündigte Kontrollen sinnvoll.
Die Kontrollen
werden von zwei Personen (Sachbearbeiter und Vollzugsbediensteter) vorgenommen.
Aus Beweis- und Sicherheitsgründen werden die Kontrollen nach dem
4-Augen-Prinzip mit zwei Personen vor Ort durchgeführt.
Die
Prüfintervalle sind von der Waffenbehörde festzulegen. Dabei ist
realistischerweise aber der Personalbestand bzw. der Personalbedarf zu
berücksichtigen. Die Stadtverwaltung Kornwestheim hat sich - analog dem
gesetzlich vorgeschriebenen Intervall für die Zuverlässigkeitsprüfung - grundsätzlich für einen Prüfturnus von 3
Jahren entschieden. Neben den verdachtsunabhängigen Kontrollen müssen auch alle
Erbfälle überprüft werden.
Mit dem
vorhandenen Personal werden diese Prüfungen im 3-Jahres-Intervall allerdings
kaum zu schaffen sein.
Kostenersatz
Die Stadt und
die übergeordneten Behörden gehen davon aus, dass eine Refinanzierung des
Mehraufwands über Gebühren möglich ist – auch für verdachtsunabhängige
Kontrollen in den Räumlichkeiten der Waffenbesitzer, unabhängig von etwaigen
Beanstandungen. Die Gebühr ist nach dem neuen Gebührenrecht von den
entstehenden Kosten abhängig.
Ein
entsprechender Tatbestand wird im kommenden Jahr in die städtische
Gebührensatzung aufgenommen.
4. Einführung
eines Nationalen Waffenregisters
Durch Änderung der EU-Waffenrechtsrichtlinie
2008/51/EG vom 21. Mai 2008 sind die Mitgliedstaaten bereits verpflichtet,
bis spätestens 31.12.2014 ein computergestütztes Waffenregister einzuführen,
aus dem sich insbesondere Typ, Modell, Fabrikat, Kaliber und Seriennummer der
jeweiligen Waffe und Name/ Anschrift des Verkäufers (Überlassers) und Name/
Anschrift des Waffenbesitzers ergeben. Es muss allen zuständigen Behörden den
Zugang zu den gespeicherten Daten eröffnen. Es kann zentral oder dezentral
organisiert sein.
Die Umsetzung im Bundesgebiet erfolgt bis
spätestens 31.12.2012 (vgl. § 43a Waffengesetz).
Federführend für die Umsetzung dieses
Projektes sind der Bund und das Land Baden-Württemberg.
Probleme bei der Umsetzung (bundes- und
landesweit, auch in Kornwestheim)
Nicht einheitliche Qualität der Daten
In den ersten Melde- und Erfassungsjahren
des Waffengesetzes von 1973 bis 1976 wurden Waffenbesitzkarten in
„Massenverfahren“ ausgestellt. Als Meldedaten wurden ohne Kontrolle die Daten
übernommen, die die damaligen Waffenbesitzer selbst angemeldet haben. Ob die
Waffenart, das Kaliber, die Herstellungsnummer oder Bezeichnung der Waffe
stimmen, wurde nicht kontrolliert. Vielfach wurden Daten als nicht vorhanden
oder nicht bekannt akzeptiert – und erfasst.
Derzeit gibt es zahlreiche
Waffenbesitzkarten, in denen ohne Prüfung z.B. die Bezeichnung
"Pistole" ersetzt wurde durch die Bezeichnung "Revolver"
oder umgekehrt, in denen weder der Hersteller, noch eine Waffennummer vermerkt
ist oder in denen das Kaliber nicht eingetragen wurde. Die Erfahrung zeigt
jedoch, dass diese Daten in vielen Fällen einfach korrekt von den Waffen selbst
abgelesen werden könnten oder die Spezialisten der Polizei, z.B. des
Kampfmittelbeseitigungsdienstes, durch ihr Wissen eine entsprechende Identifizierung
vornehmen können.
Fehlende Standards bei der Erfassung der
einzelnen Waffen
Beispiel: Es gibt tausende Waffen, die
als KK-Gewehre (Kleinkaliber) erfasst wurden. Tatsächlich kann es sich dabei
handeln um:
1.
Kategorie
C –3.2 = lange Einzellader-Schusswaffen mit gezogenem
Lauf –Einzelladerbüchsen
2.
Kategorie
C –3.1 = lange sonstige Repetier-Schusswaffen –Repetierbüchsen
3.
Kategorie
B –2.4 = halbautomatische Langschusswaffen
mit Magazinkapazität über drei Schuss –Selbstladebüchsen.
Gleiches gilt für verschiedene Kaliber
und Munitionsnamen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Thema
"Waffen" sehr viel mehr im Interesse der Öffentlichkeit und der
Behörden steht als früher. Der höhere Kontroll- und Beratungsaufwand ist
personal- und kostenintensiv, aber aus Sicherheitsgründen dringend notwendig.