Betreff:
Bau
einer Biogasanlage auf dem Gelände der Kläranlage – aktueller Planungsstand und
fachliche Beurteilung
Anlage(n):
Mitzeichnung
Lageplan Biogasanlage
Beschlussvorschlag:
1.
Die
fachliche Beurteilung der Biogasanlage zur Kenntnis zu nehmen.
2.
Dem
Bau einer Biogasanlage auf dem Gelände der Kläranlage Kornwestheim im Grundsatz
zuzustimmen. Die Details zur Umsetzung werden im Erbbaurechtsvertrag geregelt,
der im Verwaltungs- und Finanzausschuss vorgelegt wird.
Beratungsfolge:
Vorlage an
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zur
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Sitzungsart
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Sitzungsdatum
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Beschluss
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Ausschuss
für Umwelt und Technik
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Beschlussfassung
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öffentlich
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15.03.2011
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Finanzielle Auswirkungen
Entfällt
Deckungsvorschlag:
Entfällt
Sachdarstellung und
Begründung:
Erste Überlegungen zum Bau einer Biogasanlage im Bereich der
Kläranlage Kornwestheim wurden den Mitgliedern des Ausschusses für Umwelt und Technik
bereits in der Sitzung vom 09.11.2010 vorgestellt. Ergänzend dazu soll,
entsprechend dem Fortschritt der planerischen Überlegungen und
Vertragsverhandlungen, eine fachliche Beurteilung der geplanten Biogasanlage
vorgenommen werden. Hintergrund für diese Bewertung ist die zunehmende Kritik
am Ausbau von Biogasanlagen in Deutschland.
Besonderer Wert wird deshalb auf die
Feststellung gelegt, dass mit den nachfolgenden Ausführungen in erster Linie die
spezifische Situation am Standort Kläranlage Kornwestheim und der dort in
Kooperation von KWA, ortsansässigem Landwirt und Stadtwerke
Ludwigsburg-Kornwestheim geplanten Biogasanlage näher beleuchtet wird. Eine
kurze Vorhabensbeschreibung und allgemeine Gründe pro und contra Biogasanlagen
werden vorangestellt.
1. Kurze Vorhabensbeschreibung
Geplant ist eine kompakte
Biogasanlage für nachwachsende Rohstoffe (ca. 60%) und pflanzliche Reststoffe
(ca. 40%). Der Standort befindet sich innerhalb des Kläranlagengeländes (siehe
Lageplan). Die Rohstoffe lagern auf einem landwirtschaftlichen Anwesen in 2 - 3
km Entfernung und werden täglich angefahren.
Das erzeugte Biogas wird nach
neuestem Planungsstand zum Heizwerk Ost und zum Heizwerk Zentrum Ost
geleitet und erzeugt dort über zwei Blockheizkraftwerke mit je einer
Leistung von ca. 350 kWh ca. 5,5 Mio. kWh/Jahr an Wärme und ca. 5 Mio. KWh/Jahr
an Strom. Dadurch werden ca. 23% des bislang in den Heizwerken Ost eingesetzten
Erdgases ersetzt.
Die Planer und künftigen Betreiber
der Biogasanlage werden in der Sitzung anwesend sein und stehen bei Bedarf für
weitergehende Erläuterungen zur Verfügung.
2. Allgemeine Bewertung von Biogasanlagen
a. Was spricht allgemein für den Bau von Biogasanlagen?
- Geringere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern,
mehr Versorgungssicherheit
- Einsatz einer erneuerbaren Energiequelle
- Einkommensgenerierung in der Landwirtschaft, Erhalt
landwirtschaftlicher Betriebe
- Stärkung regionaler und lokaler Wirtschaftskreisläufe
b. Was spricht allgemein gegen den Bau von Biogasanlagen?
- Der Nutzen für den Klimaschutz ist aufgrund jüngster
Forschungsergebnisse bei alleiniger Verwendung z.B. von Anbaubiomasse
wie Silomais als Energieträger in Frage gestellt (Lachgasproduktion, Bildung von Aerosolen, troposphärische
Ozonbildung durch reaktive Stickstoffgase aus der Düngung; das bei der
landwirtschaftlichen Produktion entstehende Lachgas (N2O) ist
ca. 300 x mehr klimawirksam als Kohlendioxid!)
- Häufig sind Biogasanlagen wegen fehlender Abnehmer vorwiegend
auf Stromproduktion ausgelegt, die dabei entstehende Wärme geht verloren.
Dadurch verschlechtert sich die Energie- und CO2-Bilanz
deutlich.
- Der Biomasseanbau birgt verschiedene ökologische
Nachteile hinsichtlich
Naturschutz/Biodiversität, Dünger-
und Pestizidaustrag in Boden, Luft und Gewässer, Erosion etc.
- Es findet eine Konkurrenz um Flächen für den
Nahrungsmittelanbau statt
- Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen steigen
z.B. in Niedersachsen aufgrund der höheren Erlöse der Biogasanlagen.
Milchviehbetriebe haben dort das Nachsehen. Für Baden-Württemberg gibt es
dieses Szenario aus Sicht der Landwirtschaftsverwaltung noch nicht.
- Das Erneuerbare Energiengesetz (EEG) ist Voraussetzung
für die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlagen. Die Wirtschaftlichkeit der
Anlagen ist direkt von der Förderung abhängig.
3. Spezifische Betrachtung der Biogasanlage am Standort Kornwestheim
a. Was spricht für eine Biogasanlage am Standort Kornwestheim?
·
Das
Klimaschutzkonzept Kornwestheim setzt auf regionale Biomasse als einen
Baustein zur nachhaltigen Energieversorgung,
da Kornwestheims Potentiale an
erneuerbaren Energien eingeschränkt sind
(kaum Wind, kein Wasser, relativ
kleine Markungsfläche)
- Die Biogasanlage stellt eine Chance zur teilweisen
Versorgung der Heizzentralen Ost mit erneuerbaren Energien anstelle
fossiler Energieträger in Ermangelung einer echten Alternative dar:
- ein Standort für ein Holzheizkraftwerk
ist nicht verfügbar
- Geothermie als Energieträger ist aktuell eher schwierig umsetzbar (keine
ausreichenden Flächen). Dies könnte allerdings im Falle einer Realisierung von
Ost IV eine Option darstellen.
- Andere Energieträger kommen wg. mangelnder Verfügbarkeit am Standort
nicht in Frage.
- Der Einsatz von
Kraft-Wärme-Kopplung ist gesichert (überschüssige Wärme geht nicht
verloren, sondern wird in den BHKWs der Heizwerke Ost genutzt)
- Die Biogasanlage führt zu
einer Primärenergieeinsparung von ca. 17.700 MWh/a
- Die Reduzierung des CO2-Ausstoßes gegenüber Erdgas liegt bei ca. 3.400 t/a
- Das Kläranlagengelände ist als Anlagenstandort von den
Emissionen und der Anlieferung her gut geeignet (Entfernung Wohngebiet,
Verkehrsanbindung)
- Der Anteil an Rest- und Abfallstoffen liegt geplant bei
mind. 40 %, damit kann gesichert werden, dass die Klimabilanz insgesamt
positiv bleibt.
b. Was spricht gegen eine Biogasanlage am Standort Kornwestheim?
Aufgrund der spezifischen
Standortsituation, der Besonderheiten bei der Planung der Anlage, einem
Reststoffanteil von ca. 40% sowie dem erklärten Ziel das Heizwerk Ost nicht
wieder mit einem neuen Gaskessel nachzurüsten, sondern Kraft-Wärme-Kopplung
einzusetzen und zumindest teilweise auf erneuerbare Energien umzusteigen,
verbleiben keine standortabhängigen Gründe gegen die geplante Biogasanlage.
4. Weitere Vorgehensweise
Die Bedingungen zum Bau der
Biogasanlage am Standort Kornwestheim werden in einem Erbbaurechtsvertrag
geregelt, der in der nächsten Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses
vorgelegt wird. Bestandteil dieses Vertrages ist u.a. auch ein Passus bei dem
der Betreiber den Einsatz von mind. 40% Reststoffen garantiert.
Fazit:
Da es aus Sicht der Verwaltung mit Ausnahme „genereller Vorbehalte“
gegen eine Nutzung von Anbaubiomasse als Energielieferant, nur Gründe
für den Bau dieser Anlage gibt, schlägt die Verwaltung vor, dem Bau der
Biogasanlage am Standort Kläranlage im Grundsatz zuzustimmen. Die weiteren
Details zur Planung werden im Erbbaurechtsvertrag fixiert. Dieser wird in der
nächsten Sitzung des VFA vorgelegt.